E. Scott Wilkinson
1962–2011
Revolutionary Dances for Orchestra
aus der Oper »Sade«
1998
daraus: »Menuet«
UA
Dieses Stück haben wir am 7. Juli 2007 im
► Konzert Nr. 12 uraufgeführt
Wilkinson bezeichnet seine Oper »Sade«, entstanden 1998, als „Opern-Phantasie“ über verschiedene aufschlussreiche Szenen aus dem Leben von Donatien Alphonse François Marquis de Sade. Erzählt wird die Geschichte eines komplizierten Mannes auf der Suche nach Verständnis für seine sehr eigenen moralischen Ansichten. Die Oper spielt während der Schreckensherrschaft des revolutionären Frankreich in einer Gesellschaft, die von unbarmherziger Vergeltungssucht und dem blutrünstigen Verlangen nach Gerechtigkeit und Macht berauscht war.
Wo endet die Rechtschaffenheit, wo beginnt Perversion?
Wer sind die Teufel, wer die Heiligen?
Das Leben, oder besser: die vielen Leben des de Sade lesen sich wie ein Opernlibretto:
De Sade genoss als konservativer und durchaus liebevoller Familienvater und Schriftsteller den typischen Luxus eines Aristokraten. Doch seine Schwiegermutter, Madame Montreuil – innerlich zerrissen zwischen ihren Tugendidealen und ihrer geheimen Leidenschaft für de Sade – nimmt seine ständigen sexuellen Ausschweifungen zum Anlass, eine lettre de cachet (einen königlichen Haftbefehl) zu erwirken. De Sade wird in der Bastille eingekerkert. Von seiner Gefängniszelle aus erlebt er den Ausbruch der Französischen Revolution und die Geburt eines neuen Frankreich. Die gesellschaftlichen Regeln im Lande werden auf den Kopf gestellt. Der „Bürger“ Sade will der neuen Republik dienen und übernimmt ein Richteramt. Es kommt, wie es kommen muss: Madame Montreuil, die ihn für viele Jahre hinter die Mauern der Bastille gebracht hatte, wird als Aristokratin angeklagt. Sade soll sie zum Tode durch die Guillotine verurteilen. –
De Sades Ansichten und Einstellungen zu sozialer Gerechtigkeit, persönlicher Freiheit und Menschlichkeit werden auf die Probe gestellt ...
Die alten Tanzformen des 18. Jahrhunderts waren in aristokratischen Zirkeln auch während der Französischen Revolution immer noch beliebt, vor allem in Paris. Wilkinson spielt mit der alten Menuett-Form: Sowohl rhythmische Figuren als auch melodische Floskeln sind leicht als barocke Elemente herauszuhören. Aus dramaturgischen Überlegungen resultiert die Umkehrung des normalen Menuett-Ablaufs: Das Stück beginnt mit dem Trio, aus dem sich allmählich durch immer dichtere Schichtungen das prächtig-dissonante Hauptthema herausentwickelt. Neben »Gavotte«, »Sarabande« und »Tarantella« ist »Menuet« eine der vier Ballettmusiken aus der Oper »Sade«, die dazu dienen, die Metamorphosen des Marquis de Sade darzustellen. | E. S. W. / M. Z. / M. K.
E. Scott Wilkinson
1962–2011
nach einer Melodie von
1911–1972
»Ich hab’ noch einen Koffer in Berlin«
[1951, arrangiert für concentus alius 2008]
8. Juni 2008 ► Konzert Nr. 14 musica ex patria