William Vincent Wallace


Washington, Library of Congress
Washington, Library of Congress

William Vincent Wallace

* 11. März 1812 in Waterford, Irland

† 12. Oktober 1865 in Sauveterre-de-Comminges, 

Département Haute-Garonne, Frankreich



Maritana


 William Vincent Wallace

1812–1865

 Ouvertüre zur Oper »Maritana«

[UA London 1845]

 

 

14./15. 1. 2006 

 »Klassik im Salon 9« 

 

15. 11. 2009 

 Jubiläumskonzert 10 Jahre concentus alius 


National Library of Australia
National Library of Australia

Charles Lascelles

Fannie Simonsen as Maritana. 1870 (?)

Photographie übermalt, 8,2 x 5,8 cm

William Vincent Wallace, nicht zu verwechseln mit dem Dichter William Ross Wallace (1819–1881), ist 1812 in Waterford, Irland, als Sohn eines Militärkapellmeisters geboren worden. Schon mit sieben Jahren konnte er als Klarinettist in der Kapelle seines Vaters mitspielen und mit zwölf durfte er sie dann auch dirigieren. Mit achtzehn wurde er zum Organisten und Musiklehrer am Ursulinenkonvent seiner Geburtsstadt berufen. Im Konvent verliebte er sich in die Internatsschülerin Isabella Kelly, eine talentierte Harfenistin, die er mit zwanzig heiratete. 1831 geht er nach Dublin als Kapellmeister an das Königliche Theater, wo er Paganini hört und sich entschließt Geigenvirtuose zu werden. Drei Jahre später verlässt er Europa und geht zunächst nach Australien, um dort als Schafzüchter zu leben. Der Gouverneur von Australien holt ihn nach Sydney, wo er einige Zeit wieder seine Fähigkeiten als Violinist unter Beweis stellt, aber als Inhaber eines Musikalienhandels genauso scheitert wie vorher als Farmer. Hoch verschuldet heuert er auf einem Walfischfänger an. Bei einer Meuterei kommt er knapp mit dem Leben davon, riskiert aber gleich darauf einen Aufenthalt bei einem wilden Stamm der Maoris auf Neuseeland, die ihn gefangennehmen und beinahe massakrieren. Die Tochter des Häuptlings soll ihn erlöst haben. Er bereist hochverehrt Indien und gelangt dann nach Südamerika. 1841/42 leitet er die Italienische Oper in Mexiko. In den Vereinigten Staaten tritt er wieder als Geiger auf und wird Mitbegründer der New York Philharmonic Society. Zwölf Jahre später kehrt er endgültig nach Europa zurück, wo er teils in London, teils in Paris lebt. Er annulliert seine erste Ehe und heiratet die amerikanische Pianistin Helene Stoepel. Er stirbt von Gicht gepeinigt und fast erblindet im Château de Haget, Vieuzos, Hautes-Pyrénées, im Jahre 1865.

 

Er hat zehn Opern geschrieben, von denen sechs, »Maritana«, »Matilda«, »Lurline«, »The Maid of Hungary«, »The Amber Witch« und »The Desert Flower«, zwischen 1845 und 1863 veröffentlicht worden sind. Seine Oper »Maritana« hat seit ihrer Uraufführung 1845 im Drury Lane Theater immer in einem zweifelhaften Ruf gestanden, weil ihre schlichte Melodienseligkeit vor allem beim einfachen Opernpublikum „in den Vororten, in der Provinz und in den Kolonien“, wie ein naserümpfender Kritiker anlässlich der Neuaufnahme der Oper in Covent Garden 1902 schrieb, sehr beliebt war. Ihre widersprüchliche Popularität ist auch daran abzulesen, dass ihr Titel in „Mary Turner“ verballhornt wurde. Die Ballade „Scenes that are brightest“ ist offenbar ein regelrechter Gassenhauer gewesen und erscheint unverkennbar auch im Melodien-Potpourri der Ouvertüre.

 

Das Libretto basiert auf dem französischen Stück »Don Cesar de Bazan«:

Maritana ist eine Straßensängerin in Madrid. Sie erregt die Aufmerksamkeit des Königs von Spanien. Der Höfling Don José beschließt, die Amouren seines Herrn zu befördern, weil er sich seinerseits Chancen bei der Königin ausrechnet. – Ein verarmter Lebemann, Don Cesar de Bazan, ist zum Tode verurteilt worden, weil er den jungen Banditen Lazarillo handgreiflich vor dem Arrest gerettet hatte. Don José verspricht Don Cesar, dass dieser, statt unehrenhaft erhängt zu werden, standesgemäß erschossen werden könnte, wenn er bereit wäre, eine Stunde vor der Exekution eine verschleierte Dame zu heiraten. Maritana soll auf diese Weise als adelige Witwe an den Hof gelangen. Don Cesar willigt belustigt ein; aber der dankbare Lazarillo entfernt die Kugeln aus den Schießeisen der Soldaten, sodass es keine Witwe gibt. – Das Stück endet damit, dass Don Cesar mit Maritanas Hilfe das Komplott aufdeckt und begnadigt zum Gouverneur von Valentia aufsteigt.

Später ist der gleiche Stoff unter dem Titel »Don Cesar« von Rudolf Dellinger (1857–1910) zur Operette verarbeitet worden. Dieses Erstlingswerk Dellingers wurde mit großem Erfolg 1885 in Hamburg uraufgeführt. | M. Z.