Johann Baptist Strauss
* 25. Oktober 1825 in St. Ulrich bei Wien, heute ein Teil von Wien Neubau
† 3. Juni 1899 in Wien
Johann Strauss (Sohn)
1825–1899
»Unter Donner und Blitz«
Polka schnell
opus 324
[Wien 1868]
17. 2. 2007 ► Konzert Nr. 11
Die wenigen Polkas, die der Walzerkönig geschrieben hat, tragen alle einen Namen: Die Uraufführung der Schnellpolka »Unter Donner und Blitz« ist unter dem Titel »Sternschnuppe« angekündigt worden. Aber wegen des ummissverständlichen Grummelns der Celli und der Donner- und Blitzeinschläge von Trommel und Becken drängte sich wohl der dann endgültig gewählte Titel auf.
Die Uraufführung fand am 16. Februar 1868 auf dem Hesperusball im Dianasaal in Wien statt. Das Gebäude, das heute nicht mehr besteht, war 1841 als Winterschwimmschule errichtet worden und galt als die erste gedeckte Schwimmhalle Europas. Das Bassin war 36 Meter lang und zwölfeinhalb Meter breit. Die Halle war ganz nach der damaligen historistischen Mode im Stil der italienischen Renaissance gehalten und wurde im Winter unter dem Namen »Dianasaal« als Ball- und Konzertsaal verwendet, wobei das Bassin als Tanzfläche diente.
| M. Z.
Johann Strauss (Sohn)
1825–1899
»Tritsch-Tratsch«
Polka schnell
opus 214
[komponiert 1858]
11./12. 12. 2004 ► »Klassik im Salon 7«
Der Titel bezieht sich auf die humoristisch-satirische Wochenschrift »Tritsch Tratsch«, die als Nachfolgeblatt von »Der Teufel in Wien« von 1858 bis 1859 erschien. Diese wiederum entlehnte ihren Namen einer Posse von Johann Nepomuk Nestroy, »Der Tritschtratsch«.
Johann Strauss (Sohn)
1825–1899
»Rosen aus dem Süden« Walzer F-Dur opus 388
Dieses Werk war
Teil des Programms
am 29. und 30. Mai 2004
und beim
► Auftritt 21 in Potsdam am
12. Juni 2004
Der Walzer enthält Motive aus der Operette »Das Spitzentuch der Königin« und ist entweder vor oder nach deren Premiere am 1. Oktober 1880 im Theater an der Wien entstanden. Die Uraufführung des Walzers unter der Leitung von Johanns Bruder Eduard fand jedenfalls im Goldenen Saal des Wiener Musikvereinsgebäudes am 7. November 1880 statt.
Heinrich Bohrmann schrieb 1879 einen Entwurf zu einem Lustspiel mit dem Titel »Cervantes«. Der Stoff um den spanischen Dichter des »Don Quijote« wurde von ihm zu einem Libretto für Franz von Suppé ausgearbeitet. Suppé vertonte das Buch jedoch nicht. Es ging schließlich an Strauss.
Der Titel des Walzers erklärt sich folgendermaßen: Das Wort „Rose“ geht auf die Arie des Cervantes (2. Akt, Nr. 7 Entre-Act und Romanze) „Wo die wilde Rose erblüht“ zurück, das Wort „Süden“ steht wahrscheinlich in Verbindung mit der Widmung des Walzers an Humbert (Umberto) I., König von Italien (* 1844, reg. 1878–†1900, von einem Anarchisten erschossen). | Johann-Strauss-Gesellschaft Wien / M. Z.
»Rosen aus dem Süden«
Spielfilm
Im Jahre 1954 entstand nach dem Buch von Edgar Kahn unter der Regie von Franz Antel in Wiesbaden, Nizza und Cannes der deutsche Spielfilm »Rosen aus dem Süden« mit Maria Holst, Gustav Fröhlich, Karl Schönböck, Susi Nicoletti, Oskar Sima und Gunther Philipp in den Hauptrollen.
Die Musik stammt von Lotar Olias, darunter bekannte Nummern wie: „Heut’ ist ein Feiertag für mich“, „Warum?“, „Zwei Freunde wie wir“ und der Bi-Ba-Butzemann-Boogie.
Johann Strauss’ Walzer, der dem Film den Titel gibt, erklingt gesungen mit einem Text von Erik Wallnau. Zu den Sängern, die den Schauspielern die Gesangsstimmen leihen, gehören Willy Hagara, Peter Alexander, Maria Mucke, Lutz Landeers, das Sunshine-Quartett und das Cornell-Trio.
Der Inhalt:
Im Palladium wird gerade die Operette »Rosen aus dem Süden« (sic!) geprobt, als man erfährt, dass deren Hauptdarstellerin ausfällt. Direktor Barsoni verpflichtet kurzerhand Janine Rocca, die einst eine Affäre mit Sergius, dem Tenor der Operette, hatte. Janine, die mit ihrer Sekretärin Dora von der Riviera anreist, trifft unterwegs Julien de Costa, den Militärattaché von San Marino, der sich sofort in den Operettenstar verliebt. Als dann auch noch Otto Pfennig, der Manager von Sergius, und die Staatssekretärin Marylin Parker ins Spiel kommen, sind zahlreiche Verwechslungen nicht mehr aufzuhalten. Nur Direktor Barsoni behält den Überblick und am Ende gibt es nicht nur eine erfolgreiche Premiere, sondern gleich drei glückliche Paare…
(Jan-Eric Loebe)
Der 1934 in der Regie von Walter Janssen ebenfalls unter dem Titel »Rosen aus dem Süden« gedrehte Film behandelt einen anderen Stoff. | M. Z.
Johann Strauss (Sohn)
1825–1899
Ouvertüre zur Operette »Die Fledermaus«
opus 367 [1873, UA Wien 1874]
Couplet des Prinzen Orlofsky
aus »Die Fledermaus« op. 367 Nr. 7
»Ich lade gern mir Gäste ein«
Ouvertüre und Couplet waren im Programm
mit Michael Leideritz, Bariton,
am 5. Juli 2003 zu hören,
die Ouvertüre haben wir wieder aufgenommen
am 23. Juni 2013 im ► Programm Nr. 24
am 2. und 3. November 2019
im Jubiläumskonzert ► Programm Nr. 37
Carl Haffner und Richard Genée
»Die Fledermaus«
Zweiter Akt, Nr. 7
Couplet des Prinzen Orlofsky
Ich lade gern mir Gäste ein,
Man lebt bei mir recht fein,
Man unterhält sich wie man mag,
Oft bis zum hellen Tag.
Zwar langweil’ ich mich stets dabei,
Was man auch treibt und spricht;
Jedoch, was mir als Wirt steht frei,
Duld’ ich bei Gästen nicht!
Und sehe ich, es ennuyiert
Sich jemand hier bei mir,
So pack’ ich ihn ganz ungeniert,
Werf’ ihn hinaus zur Tür.
Und fragen Sie, ich bitte,
Warum ich das denn tu’?
’S ist mal bei mir so Sitte,
Chacun à son goût!
Wenn ich mit andern Wodka trink’
Und Flasch’ um Flasche leer’,
Muss jeder mit mir durstig sein,
Sonst werde grob ich sehr.
Und schenke Glas auf Glas ich ein,
Duld’ ich nicht Widerspruch;
Nicht leiden kann ich’s, wenn Sie schrei’n:
Ich will nicht, hab’ genug!
Wer mir beim Trinken nicht pariert,
Sich zieret wie ein Tropf,
Dem werfe ich ganz ungeniert,
Die Flasche an den Kopf.
Und fragen Sie, ich bitte,
Warum ich das denn tu’?
’S ist mal bei mir so Sitte,
Chacun à son goût!
Die Rache der Fledermaus
Strauss komponierte seine hinreißende Musik in nur „42 Nächten“ des Jahres 1873; die Uraufführung fand am 5. April 1874 im Theater an der Wien in Wien statt.
Es findet ein großes „Amüsement“, ein Ball-Souper im prächtigen Stadtpalais des jugendlichen Grafen Orlofsky in Wien statt, wo die Rache der Fledermaus ihren Fortgang nimmt, indem der sonst gähnend gelangweilte Hausherr als Galgenfrist vor dem unausweichlichen Knast nicht nur den sich vogelfrei wähnenden Gatten, sondern auch die als ungarische Gräfin verkleidete Gattin – Eisenstein und Rosalinde – eingeladen hat. Die Verneinung der bezaubernd ungarischen Frage: „Sind Sie zerheiratet?“ richtet den Gefragten und ist das Einzige, das dem weinselig angeödeteten Orlofsky ein Lächeln abringt. | Michael Leideritz
Wenn man bedenkt, daß einen Hauptbestandteil der Operettenmusik Tänze ausmachen, nimmt es fast wunder, daß Johann Strauss in seinem Operettenschaffen nicht den Gipfel seines Künstlertums erreichte. Allein Strauss war […] durchaus Instrumentalkomponist. Wie sehr ihm die Handlung des Stückes gleichgültig war, zeigt eine Briefstelle, in der er schreibt, daß er von einer seiner Operetten nur die Gesangstexte vor sich gehabt habe, den Dialog aber gar nicht gekannt habe. […] So wirken auch die aus den Operetten von ihm selbst gebildeten Walzer gänzlich losgelöst von Text mindestens ebenso stark wie in der Operette. Die Anlehnung an Offenbach […] wird bei Strauss von dem unverfälschten Wienertum verdrängt, das auch in seinen Operetten immer wieder zum Durchbruch kommt. Bei Strauss mögen die verschiedensten Typen auf der Bühne erscheinen, seine Musik macht sie immer wieder zu verkappten Wienern.
Die Zahl der Bühnenwerke Johann Strauss’ ist 17, wozu noch das nachgelassene Ballett »Aschenbrödel« kommt. Von all diesen Werken haben sich eigentlich nur zwei dauernd auf dem Spielplan erhalten: die »Fledermaus« und der »Zigeunerbaron«. Insbesondere seiner Oper »Ritter Pazman« – wie die meisten Operettenkomponisten strebte auch Strauss der eigentlichen Oper zu – war kein Erfolg beschieden. Die Anforderungen moderner musikalischer Dramatik waren Strauss wesensfremd.
Die meisten seiner übrigen Bühnenwerke, wie z. B. »Indigo« (1871), »Carneval in Rom« (1873), »Nacht in Venedig« (1883) errangen zwar seinerzeit große Erfolge, allein der Dauererfolg der »Fledermaus« blieb ihnen versagt. Nicht als ob die Musik zu diesem bekanntesten Bühnenwerk Strauss’ um so viel besser wäre als in den anderen; allein hier tritt der Wesenskern der Operette am klarsten zutage. Für Ernst ist in dem ganzen Werk kein Raum gelassen, es kommt zu keiner tragischen Verwicklung; zu keinerlei ernstem Mitgefühl mit dem Schicksal der auftretenden Personen wird der Zuhörer verleitet; man möchte sagen, es liegt eine feine Burleske vor; vom Anfang bis zum Schluß wird der Zuhörer von dem flotten Tempo der Handlung mitgerissen, die Musik braucht zu dem Geschehen auf der Bühne nicht in Gegensatz zu treten. Tritt das Sentimentale in den Vordergrund, so ist es in parodistischem Sinne aufzufassen; das Ganze ist von einer tollen, übermütigen Laune durchzogen, die nie verleugnet wird; die Handlung verliert sozusagen das Konkrete, wird zum Symbol der übermütigen Lebensfreude.
| Guido Adler (Hrsg.) Handbuch der Musikgeschichte. Berlin 1930. S. 992
Johann Strauss (Sohn)
1825–1899
»Frühlingsstimmen«
Walzer op. 410
Dieses Stück war am 9. Juni 2002 im Programm
► »Klassik im Salon 2« zu hören.
Richard Genée
Frühlingsstimmen
Die Lerche in blaue Höh’ entschwebt,
der Tauwind weht so lau;
sein wonniger milder Hauch belebt
und küsst das Feld, die Au.
Der Frühling in holder Pracht erwacht, – ah, ah, ah –
alle Pein zu End’ mag sein,
alles Leid, entfloh’n ist es weit!
Schmerz wird milder, frohe Bilder,
Glaub’ an Glück kehrt zurück;
Sonnenschein – ah – dringt nun ein, – ah –
alles lacht, ach, ach, erwacht!
Sonnenschein …
Die Lerche in blaue Höh’ entschwebt, …
Da strömt auch der Liederquell,
der zu lang schon schien zu schweigen;
klingen hört dort wieder rein und hell
süße Stimmen aus den Zweigen! – Ah!
Leis’ lässt die Nachtigall
schon die ersten Töne hören,
um die Kön’gin nicht zu stören,
schweigt, ihr Sänger all!
Ah!
Voller schon klingt bald ihr süßer Ton.
Ach ja bald, ah, ah, ja bald!
Ah, ah, ah, ah!
O Sang der Nachtigall, holder Klang, ah ja!
Liebe durchglüht – ah, ah, ah –
tönet das Lied, – ahaha
und der Laut, süß und traut,
scheint auch Klagen zu tragen, –
ahahahaha, ahahahaha,
wiegt das Herz in süße Träume ein,
ah, ah, ah, ah – leise ein!
Sehnsucht und Lust – ah, ah, ah –
wohnt in der Brust, – ahaha –
wenn ihr Sang lockt so bang,
funkelnd ferne wie Sterne, – ah, ah –
zauberschimmernd wie des Mondes Strahl –
ah, ah, ah, ah, – wallt durchs Tal!
Kaum will entschwinden die Nacht,
Lerchensang frisch erwacht, – ah –
Licht kommt sie künden,
Schatten entschwinden! – ah! ahahahaha!
Die Lerche in blaue Höh’ entschwebt, …
Ah, des Frühlings Stimmen klingen traut,
ah ja, ah ja, ah – o süßer Laut,
ah, ah, ah, ah, ah, ach ja!
Johann Strauss schrieb den Walzer »Frühlingsstimmen« ursprünglich als Koloraturarie für die Sopranistin Bianca Bianchi. Sie sang das Werk im Theater an der Wien, wo es nur mit mäßigem Beifall aufgenommen wurde. Die Kritiker fanden es „mittelmäßig und nicht sehr melodiös“.
Später erfreute es sich jedoch in Russland, in Italien und schließlich auch in Wien großer Beliebtheit. Ein berühmter Pianist, Alfred Grünfeld, machte das Werk dem Konzertsaal zugänglich, und Franz Liszt zählte zu seinen zahlreichen Bewunderern.
Johann Strauss (Sohn)
1825–1899
Kaiserwalzer
opus 437
22. 5. 2001 Various Voices
mit den ► Classical Lesbians
25. 10. 2003 ► Alte Feuerwache
13./14. 12. 2003
Johann Strauss Sohn könnte als erster Weltstar der populären Musik bezeichnet werden. Der internationale Erfolg, den seine Musik schon erzielte, als die Verbreitungsmöglichkeiten durch Schallplatte und Radio noch unbekannt waren, ist bemerkenswert – umso mehr, als sich ihr Stil gerade auf die Kultivierung eines lokalen, nämlich wienerischen Tonfalls gründete.
Ein Exportschlager im Wortsinn war der »Kaiserwalzer«. Diese mit den typischen Klangwirkungen der Wiener Musik durchtränkte Komposition erlebte ihre Uraufführung – in Berlin! Hierher war Strauss 1889 eingeladen worden, um im neueröffneten »Königsbau« eine Konzertserie zu dirigieren. Aus Wien brachte er den neuen Walzer mit, den erst sein Berliner Verleger Simrock mit dem bekannten Titel versah.
Die von Simrock gewünschte Widmung an Wilhelm II. lehnte Strauss allerdings ab, und als das Werk im Druck erschien, zierte die österreichische Kaiserkrone das Titelblatt. Dessen ungeachtet interpretierte ein Kritiker der Wiener Erstaufführung die Introduktion des Kaiserwalzers als Verneigung vor dem Preußentum; der Marschrhythmus dieser Passage erinnerte ihn unangenehm an „die Grenadiere des Alten Fritz“.
Der Konvention entsprechend ist der Kaiserwalzer als eine sogenannte Walzerfolge oder -kette angelegt, also nach einem Formprinzip gestaltet, das auf der kontrastbetonten Aneinanderreihung mehrerer in sich geschlossener Themenkomplexe beruht. Um 1870 war Strauss dazu übergegangen, statt fünf nur noch vier Walzer unter einem Titel zusammenzufassen. Damit trug er der Auffassung des Kritikers Eduard Hanslick Rechnung, der die von J. Strauss Vater etablierte fünfteilige Standardform als Verschwendung von Einfällen gebrandmarkt hatte. Wie als Kompensation für den weggefallenen fünften Walzer stellt Strauss der Coda bzw. Reprise des Kaiserwalzers einen Überleitungsteil voran, der das erste Walzerthema einer subtilen Verarbeitung unterwirft. Fast scheint es, als habe sich der „Walzerkönig“ mit Stellen wie dieser der Wertschätzung würdig erweisen wollen, die solche Autoritäten wie Brahms und Wagner für seine Musik bekundeten. | T. F.