Erik Satie


Erik Satie
wdr-interfoto-Lebrecht Music Collection

Alfred Éric Leslie Satie

* 17. Mai 1866 in Honfleur (Calvados)

† 1. Juli 1925 in Paris

 

Éric (sic!) Alfred Leslie Satie schreibt sich seit 1884: Erik Satie. 



Trois petites pièces montées


Erik Satie

1866–1925

 Trois petites pièces montées

[1919–20]

1   De l’enfance de Pantagruel – Rêverie

2   Marche de cocagne – Démarche

3   Jeux de Gargantua – Coin de polka

 

  

05.06.2011  Programm Nr. 20

27.08.2011 ► 29. Lange Nacht der Museen,

Berlinische Galerie

02.09.2011 ► Lange Nacht der Chöre 2011

Reformationskirche, Berlin-Moabit

 

Was mag Satie, der Komponist der Gymnopedies (also der Tänze nackter Jünglinge) oder der Trois morceaux en forme de poire (Drei Stücke in Form einer Birne), sich wiederum bei dem Titel Trois petites pièces montées gedacht haben? Wir übersetzten wild drauflos: »Drei kleine montierte Stücke« oder »Drei kleine gehobene Stücke«, bis wir folgenden freundlichen Hinweis bekamen: Pièces montées (zusammengebaute Stücke) sind bis zu 50 cm (und höher) aufgetürmte Pyramiden aus mit Vanillecreme oder Sahne gefüllten Windbeuteln. Sie zieren in Frankreich traditionell feierliche Anlässe wie Hochzeiten (und Verpartnerungen?) und werden auch als Croque en bouche (»kracht im Mund«) oder Croquembouche bezeichnet. Satie hat den Begriff pièces montées gewiss mit dem pays de cocagne, dem Schlaraffenland assoziiert, das in François Rabelais’ Romanzyklus über die beiden unablässig fressenden und saufenden Riesen Gargantua und Pantagruel eine Rolle spielt. So trägt das erste Stück den Titel »Die Kindheit Pantagruels« (Träumerei), das zweite »Marsch durchs Schlaraffenland« (Marschtempo) und das dritte »Gargantuas Spiel« (Polkaweise).

Seine Trois petites pièces montées komponierte Erik Satie direkt als Orchesterminiaturen, obwohl sie heute (wenn überhaupt) eher als Klavierstücke zu vier Händen bekannt sein dürften.    

| Michael Knoch / Michael Zachow

– www.classicalarchives.com 



Cocteau über Satie

in Le coq et l’arlequin (Hahn und Harlekin), 

Aufzeichnungen über Musik

 

Jedes neue Werk Saties ist ein Musterbeispiel des Verzichts.

 

Das an Überladung gewöhnte Publikum verkennt die schlichten Werke.

 

Satie ist das Gegenteil eines Improvisators. Man könnte meinen, dass sein Werk zunächst komplett, als ein Ganzes, erschaffen sei, und dass er es dann freilegt, Note für Note, ganz gewissenhaft.

 

Schluss mit den Wolken, den Wellen, den Aquarien, den Undinen und den nächtlichen Düften; wir brauchen eine Musik, die fest auf der Erde steht, eine Alltagsmusik!

 

Satie lehrt unsere Epoche die größte Kühnheit: schlicht zu sein. ... Er deckt den Rhythmus auf, legt ihn frei und bringt ihn heraus. Handelt es sich erneut um Musik, auf der, wie Nietzsche sagte, »der Geist tanzt«, nach jener Musik, »in der der Geist schwimmt«? – Es handelt sich weder um Musik, in der man schwimmt, noch um Musik, auf der man tanzt, sondern um Musik, auf der man geht.

 

Übertragung des Textes von Cocteau aus dem Französischen 

in Anlehnung an Johannes Piron 

François Rabelais, geboren ca. 1494, vielleicht aber auch schon 1483 in La Devinière bei Chinon/Touraine, gestorben am 9. April 1553 in Paris, gilt als der bedeutendste Prosa-Autor der französischen Renaissance. Sein Name ist verknüpft vor allem mit dem mehrbändigen humoristischen Romanzyklus um die beiden Riesen Gargantua und Pantagruel:

 

Buch II (sic!) • Les horribles et épouvantables faits et prouesses du très renommé Pantagruel, Roi des Dipsodes, fils du grand géant Gargantua. Composés nouvellement par maître Alcofrybas Nasier 

(dt.: Die schrecklichen und erschreckenden Taten und Mutbeweise des sehr berühmten P., König der Dipsoden, Sohn des großen Riesen G. Kürzlich verfasst von Magister A. N.), 1532

 

Buch I (sic!) • La Vie inestimable du grand Gargantua, père de Pantagruel, jadis composée par l’abstracteur de quinte essence. Livre plein de Pantagruélisme 

(dt.: Das unschätzbare Leben des großen G., des Vaters von P., einst verfasst vom Abstraktor der Quintessenz. Ein Buch voll Pantagruelismus) , 1534 oder 1535 

Le tiers livre des faits et dits héroïques du noble Pantagruel, composés par M. Franc. Rabelais, docteur en médicine 

(dt.: Das dritte Buch der heroischen Taten und Worte des edlen P., verfasst von M[agister] F. R., Doktor der Medizin, 1546

Le quart livre des faits [etc.] (dt.: Das vierte Buch der Taten etc.), 1548 u. 1552

Le cinquième livre [etc.] (dt.: Das fünfte Buch (etc.), postum 1563; dieser Band ist zumindest im zweiten Teil nicht mehr authentisch. | M.Z. nach Wikipedia 

 


Gustave Doré 1832–1883  Illustrationen zu Rabelais’ Romanzyklus »Gargantua et Pantagruel«, 1854. Holzstiche