Gioachino Antonio Rossini
* 29. Februar1792 in Pesaro, Kirchenstaat, heute Marche
† 13. November 1868 in Passy, Paris
Étienne Carjat (1818–1906)
Photoportrait Rossini. 1865
1880–1940
»Tell-Fantasie« nach Motiven von Rossini
für Xylophon und Orchester
Dieses Stück hat unser Paukist und Schlagwerker
Viorel Chiriacescu
am 7. 7. 2007 im ► Konzert Nr. 12 gespielt
Musik von Gioacchino Rossini (1792–1868) ist in diesem Programm
(• Konzert Nr. 12) nicht in seinem eigenen Tonfall zu hören, sondern in phantasievollen Variationen seiner Melodien zweier zeitgenössischer Komponisten, Benjamin Britten und Franz Krüger.
Letzterer verarbeitet in seiner »Tell-Fantasie« die zum Gassenhauer gewordenen Motive aus Rossinis Ouvertüre zu »Guillaume Tell«, einer opéra in 4 Akten auf einen Text von Victor-Joseph Étienne de Jouy und Hippolyte-Louis-Florent Bis nach Friedrich Schillers gleichnamigem Schauspiel von 1804. Die Uraufführung fand 1829 in Paris statt, 1831 kam eine italienische Fassung von Calisto Bassi als »Guglielmo Tell« heraus.
»Guillaume Tell« war Rossinis erste vollständig original französische Oper. Den Erwartungen des französischen Publikums wurde er dadurch gerecht, dass er in der Form der Grand opéra gleichzeitig italienische und französische Ideen verhandelte, nämlich die Ideale der Pariser Revolutionszeit und die Rebellion des italienischen Risorgimento gegen die österreichische Fremdherrschaft. | M. Z.
Gioacchino Rossini
1792–1868
Ouvertüre zur Oper
»Il barbiere di Siviglia«
Kavatine (Nr. 4) der Rosina
»Una voce poco fa«
Laila Salome Fischer hat die Kavatine der Rosina
am 12. 6. 2005 im Programm
► »Klassik im Salon 8« gesungen
Sevilla, Mitte des 18. Jahrhunderts.
Der ansehnliche Graf Almaviva hat sich in die junge, hübsche Rosina verliebt. Mit dem Menschenkenner und Hausfrisör Figaro plant er die Eroberung. Während eines Ständchens vor Rosinas Zimmer verliebt auch diese sich in den angeblichen jungen Studenten und Cousin Figaros, Lindoro:
Cavatina
ROSINA
(con una lettera in mano)
Una voce poco fa
qui nel cor mi risuonò,
il mio cor ferito è già,
e Lindor fu che il piagò.
Si, Lindoro mio sarà,
lo giurai, la vincerò.
Il tutor ricuserà,
io l’ingegno aguzzerò.
Alla fin s’accheterà
e contenta io resterò...
Si, Lindoro mio sarà;
lo giurai, la vincerò.
Io sono docile,
son rispettosa,
sono ubbediente,
dolce, amorosa;
mi lascio reggere,
mi fo guidar.
Ma se mi toccano
dov’e il mio debole,
sarò una vipera
e cento trappole
prima di cedere
farò giocar.
Kavatine
ROSINA
(hält einen Brief in der Hand)
Eine Stimme hört’ ich eben,
sie klingt im Herzen mir nach.
Mein Herz ist schon verwundet,
und Lindoro war’s, der es traf.
Ja, Lindoro wird mein sein,
ich schwör es, ihn gewinn ich.
Der Vormund wird sich weigern;
all meinen Scharfsinn setz ich ein,
bis er sich beruhigt
und ich zufrieden bin...
Ja, Lindoro wird mein sein,
ich schwör es, ihn gewinn ich.
Ich bin gelehrig,
bin respektvoll,
bin gehorsam,
süss und lieblich.
Ich lasse mich regieren,
lass mich führen;
aber wenn sie mich treffen,
wo ich schwach bin,
dann werd’ ich eine Viper sein,
und tausend Schlingen lege ich
eh’ sie
mich fangen.
Übersetzungsvariante
Kavatine
ROSINE
Frag’ ich mein beklommnes Herz,
Wer so süss es hat bewegt,
Dass es in der Liebe Schmerz
Immer sehnender sich regt:
Ja, dann heisst es, in dies Herz
Hat Lindoro Brand gelegt! –
Sagt der Vormund grämlich: Nein!
Hat doch meine Liebe Mut;
Mein Lindoro, und ich sein,
Trotz’ ich der Gewalt und Wut.
Mein Lindoro, ewig mein,
Er mir alles, Glück und Gut. –
Ich bin gelehrig,
Weiß zu gehorchen,
Bin wohlerzogen,
Dem Freund gewogen,
Ich lasse lenken,
Lasse führen mich.
Doch wenn man mich da anrührt,
Wo ich verletzlich bin,
So steche ich wie eine Viper!
Mit hundert Schelmereien, listig ausgedacht,
Bevor ich weiche, wehr’ ich mich!
Eigentlich steht dieser Verbindung nun nichts mehr im Wege, hätte sich Rosinas Vormund Bartolo nicht in den Kopf gesetzt das hübsche und wohlhabende Mädchen zu heiraten. Schon gar nicht tritt er Rosina an einen armen Studenten ab.
Als Musiklehrer verkleidet dringt dieser ins Haus Bartolos ein, um die überfällige Gesangsstunde mit Rosina abzuhalten. Dann wird Bartolo die Gesangskunst Rosinas vorgeführt – man hat dazu ein Stück aus der Oper »Die unnütze Vorsicht« ausgewählt. Bartolo zeigt sich unbeeindruckt und schläft immer wieder ein, was die beiden Liebenden zu einem intensiven Flirt nutzen. | L. S. F.
Gioacchino Rossini
1792–1868
Ouvertüre zur Oper
»Die Italienerin in Algier«
Für Rossini kam Kunst nicht von „Müssen“ (so die bekannte Maxime Schönbergs), sondern von „Können“, und damit hatte er keine Probleme. Es war daher nur konsequent, dass der Komponist seine Aufträge in der Regel pünktlich und zügig erledigte, im Alter von 37 Jahren und nach knapp 40 Opern jedoch meinte, nun sei es genug – um sich fortan der Kochkunst zu widmen.
Auch »L'italiana in Algeri« entstand im Frühjahr des Jahres 1813 innerhalb eines Zeitraums von nur wenigen Wochen. Das Werk gehört der Gattung der „Türkenoper“ an, als dessen bekanntestes Beispiel vielleicht Mozarts »Entführung aus dem Serail« gelten kann. Wichtige Elemente sind ein exotischer Schauplatz (hier Algier), entsprechendes Personal (hier Sklaven, Eunuchen, der Bei Mustafà), das Zusammentreffen von Okzident und Orient (hier in Form der Italienerin Isabella und ihrem Begleiter Taddeo), schließlich Gefangennahme (durch Piraten) und Befreiung (durch die List der Frauen).
Die ziemlich verwickelte Handlung der Oper lässt sich in zwei Sätzen so zusammenfassen: Isabella, durch einen Sturm an die Küste Algeriens verschlagen, gerät in Gefangenschaft, macht jedoch das Beste daraus, indem sie sich die Gunst des Beis Mustafàs zu verschaffen weiß, der ihr bald völlig verfallen ist. Es gelingt ihr schließlich, ihren Geliebten Lindoro, der ebenfalls in Algier gefangen gehalten wird, zu befreien und gemeinsam nach Italien zurückzukehren. Der Kern der exotischen Handlung kommt einem somit ganz und gar bekannt vor: den Waffen einer Frau hat das starke Geschlecht nichts entgegenzusetzen ...
Der bilderreiche Stoff, vor allem aber die witzige Musik Rossinis, ließen das Werk zu einem europäischen Erfolg werden – woran sich, wie an manch anderem dieser Oper – bis heute wenig geändert hat. | U. Sch.
Gioacchino Rossini
1792–1868
Introduktion, Thema und Variationen
für Klarinette und Orchester
Es-Dur
Das Werk wurde am 1. 12. 2002 im
Programm ► »Klassik im Salon 3«
und kurz darauf am 7. 12. 2002 im Nachbarschaftshaus Urbanstraße beim Tanzabend der Tanzschule
von Henrik Lange gespielt
„Im Falle Rossini ist es so, dass der Künstler bis 37 komponierte, nachher vorwiegend am Kochtopf stand und innert vierzig Jahren die internationale Speisekarte um einige Neuigkeiten (Tournedos à la Rossini) bereicherte, darunter auch ein Salatrezept, welches ihm den Segen eines Kardinals eintrug. Rossini pflegte zu sagen: ‚Der Magen ist der Kapellmeister, der das große Orchester unserer Leidenschaften dirigiert‘. “
Soweit Robert Schumann etwas spöttisch über seinen Komponistenkollegen, der sich als europäische Berühmtheit auf seinen Lorbeeren ausruhte und nur noch durch geschliffene Bonmots von sich reden machte. Nach dem »Guillaume Tell« hatte Rossini das Komponieren für die Bühne aufgegeben und sich ganz dem gesellschaftlichen Leben und seiner Passion, dem Kochen, hingegeben. Selten wurde ein „Lebensabend“ länger zelebriert. Rossini versüßte ihn gelegentlich mit der Komposition von geistlichen Werken und kammermusikalischen „Alterssünden“, die er in seiner Villa in Passy bei Paris zum Besten gab. Hier war er Mittelpunkt eines Salons, in dem sich die Pariser Kunstwelt versammelte. Wer in der Musik etwas werden wollte, stattete dort seinen Besuch ab, so auch die Avantgarde-Komponisten Liszt und Wagner.
In das Umfeld dieser späten Pariser Jahre gehört auch »Introduktion, Thema und Variationen«, ein Gelegenheitswerk, das sicherlich einem befreundeten Klarinettisten „auf die Finger“ geschrieben wurde. Das Thema entnahm Rossini seiner heute vergessenen Oper »Eduardo e Christina«. Sein bewährtes musikalisches Rezept lautet auch hier: Man nehme ... einen theatralischen Beginn, lasse reich verzierte Belcantopassagen folgen, füge einen kecken Gassenhauer mit schmissigen Orchesterzwischenspielen hinzu und variiere das Ganze bis zum turbulenten Finale.
| H. L.