Wolfgang Amadeus Mozart
mit vollständigem Taufnamen:
Joannes Chrysostomus Wolfgangus Theophilus Mozart
* 27. Jänner 1756 in Salzburg, Fürsterzbistum Salzburg, HRR
† 5. Dezember 1791 in Wien, Habsburgermonarchie, HRR
Johann Georg Edlinger (Etlinger, Ettlinger) 1741–1819
Portrait Wolfgang Amadeus Mozart. Um 1790
Öl auf Leinwand, 80 x 62,5 cm
Berlin, Gemäldegalerie, SPK, Inv.- Nr. 2097
Wolfgang Amadeus Mozart
1756–1791
Konzert für Klavier
und Orchester Nr. 25
C-Dur KV 503
[Wien 1786]
1. Allegro maestoso
2. Andante
3. Allegretto
Lauma Skride spielte das Konzert am 30. 3. 2014
im ► Programm Nr. 26
Allegro maestoso
Die ausführliche Exposition beginnt mit einigen feierlichen Akkorden des ganzen Orchesters. Das Hauptthema entwickelt sich in der Folge auch über eine Wendung nach Moll. Eine Überleitung, in der sich Trompeten und Pauken feierlich äußern, führt zum zweiten Thema. Dieses weist auf die später entstandene französische Nationalhymne hin, die »Marseillaise«. Es erscheint zunächst in Moll, wendet sich dann jedoch nach Dur. Die Soloexposition beginnt relativ unscheinbar mit einem »unthematischen« Entrée. Es folgt die Einstimmung des Klaviers in das feierliche Hauptthema des Satzes, das anschließend erweitert wird. Erst nach 228 Takten endet die ausgedehnte Exposition. Die verhältnismäßig kurze Durchführung bevorzugt das Marseillaise-Thema. Ein achttaktiger Orgelpunkt führt zur Reprise, die größtenteils regelgerecht verläuft. Die großangelegte Solokadenz verarbeitet Motive aller Themen. Ein kurzes Schlussritornell beendet den Satz mit majestätischen Akkorden.
Andante
Das Andante stellt formal eine verkürzte Variante der Sonatensatzform dar. Die Orchesterexposition führt zwei getragene, seltsam unklar formulierte Themen vor. Das Soloklavier nimmt beide Themen auf und artikuliert sie mit schwärmerischer Geste. Anstelle einer Durchführung gibt es nur ein kurzes Zwischenspiel. Anschließend kommt es zu einem scheinbaren harmonischen Stillstand, der aber durch Instrumentierung und Dynamik sofort wieder belebt wird. Die Coda ist der Exposition entnommen und beendet den einfach gebauten Satz mit einer Aufwärtsfigur des Klaviers.
Allegretto
Das Finalrondo beginnt mit einem verhalten-fröhlichen Refrain-Thema, das untypischerweise zunächst nur vom Orchester vorgestellt wird. Das Soloklavier meldet sich anschließend mit einem eigenen Entrée zu Wort, das mit einem Orgelpunkt zum ersten Couplet – einem heiteren Gesangsthema – überleitet. Das zweite Couplet ist – wie häufig bei Mozart – zweiteilig. Der erste Teil in a-Moll besteht aus dramatischen Akkorden, die schnell verklingen und zum zweiten Teil in F-Dur überleiten, einem lyrischen und ergreifenden Gesang zwischen Soloklavier und Streichern. Hier tritt das Cello in der Begleitung besonders hervor. Der erhabene Gesang changiert seltsam zwischen Dur und Moll. Erneut entsteht der Eindruck des Lächelns unter Tränen, der für einige tiefgehende Stellen in Mozarts Musik charakteristisch ist. Ein langer Orgelpunkt zur Überleitung endet mit der zweiten Wiederholung des Refrain-Themas, nun ohne Moll-Variante. Stattdessen schließt sich sofort die Wiederholung des ersten Couplets an. Erst im folgenden letzten Auftritt des Refrain-Themas taucht die Moll-Variante wieder auf, nun in vom Klavier umspielter Weise. Eine längere Coda beendet das Konzert mit weitschweifenden Gesten und einigen triumphierenden Schlussakkorden. | DS
Wolfgang Amadeus Mozart
1756–1791
Konzert für Klavier und Orchester Nr. 20
d-Moll KV 466
[1785]
1. Allegro
Kadenz: Johannes Brahms
nach Motiven von
Clara Schumann
2. Romanza
3. Rondo: Allegro assai
Kadenz: Sébastien Dupuis
Sébastien Dupuis am 23. 2. 2013 im ► Konzert Nr. 23
Selten hat ein Werk derart deutlich einen Wandel im künstlerischen Schaffen eines Komponisten markiert wie dieses Solo-Konzert: Mit dem im Winter 1785 komponierten Klavierkonzert d‑Moll hat Mozart den Weg für eine Weiterentwicklung dieser Gattung entscheidend geebnet. Das um Pauken und Trompeten erweiterte Orchester hat nicht mehr lediglich eine Begleitfunktion, sondern durch ausgedehnte Zwischenspiele und Schlussritornelle eine viel exponiertere Rolle inne als bei seinen früheren Solo-Konzerten. Durch die Wahl der für ein Klavierkonzert bis dato unkonventionellen Tonart d-Moll distanzierte sich Mozart von einer bloßen Gebrauchsmusik und wendete sich hin zu einer Musik, die im Rahmen eines instrumentalen Solo-Konzertes erstmals atmosphärische und semantische Gestalt erhält.
Geht man von einer strengen Sonatenhauptsatzform aus, so lässt sich in dem ersten Satz – im Gegensatz zu den meisten der in Dur stehenden Klavierkonzerte – kein klar greifbares, übergeordnetes Thema definieren. Zwar ist der Beginn dieses Werkes in seiner Struktur durchaus regelmäßig, doch weisen das Orchester und das Solo-Instrument je eigene Themen auf. Kurze, prägnante Motive erinnern an die Figurenwelt der Opera seria, entfalten im selben Moment jedoch auch eine individuelle dramatische Kraft, die anfangs an ein langsam herannahendes, bedrohliches Gewitter denken lässt. Dabei tut die von Mozart bewusst gewählte Tonart d-Moll ihr Übriges, charakterisierte er mit ihr doch vornehmlich düstere Welten, schicksalhafte Fügungen und dunkle Obsessionen, wie etwa in der bekannten Bravour-Arie der Königin der Nacht »Der Hölle Rache kocht in meinem Herzen« oder dem dämonischen Chor im Finale des zweiten Aktes von Don Giovanni. In den ersten beiden Sätzen dieses Klavierkonzertes lässt sich die Bedeutungsebene des Tonmaterials durchaus auf einen Konflikt zwischen einer von innen empfundenen Unruhe und einem von außen bedrohlichen Schicksal übersetzen. Im finalen Satz übertrug Mozart die übergeordnete Semantik auf einen musikalischen Konflikt zwischen Dur und Moll, und zwar – allen Konventionen trotzend – zwischen D‑Dur und d‑Moll, wodurch gleichzeitig die tonartliche Identität hinterfragt wird.
»Das Concert war unvergleichlich, das Orchester vortrefflich, außer den Synfonien sang eine Sängerin vom welschen Theater 2 Arien. dan war ein neues vortreffliches Clavier Concert vom Wolfgang, wo der Copist, da wir ankamen noch daran abschrieb, und dein Bruder das Rondeau noch nicht einmahl durchzuspielen Zeit hatte, weil er die Copiatur übersehen mußte«. So berichtete Leopold Mozart, der die erste Aufführung am 11. Februar 1785 in der Wiener »Mehlgrube« neben rund 150 weiteren zahlenden Gästen miterlebt hatte, seiner Tochter Marianne. Dass Mozart die Komposition unter massivem Zeitdruck schrieb – das endgültige Manuskript stellte er am Vorabend der Uraufführung fertig – ist der Partitur freilich keinesfalls anzumerken.
Das d-Moll-Konzert gilt als das populärste seiner Solo-Konzerte für Klavier und erfreut sich seit dem romantischen 19. Jahrhundert, für das dieses Konzert ebenso wegbereitend war, bis in die heutige Zeit großer Beliebtheit. Schon Joseph Haydn, der vermutlich der ersten Aufführung beiwohnte, wusste um das außerordentliche und revolutionäre musikalische Talent des jungen Amadé. So urteilte er trefflich gegenüber Leopold Mozart: »ich sage ihnen vor gott, als ein ehrlicher Mann, ihr Sohn ist der größte Componist, den ich von Person und dem Nahmen her kenne.« | Markus Tatzig | Annegret Eberl
– Grayson, David: Mozart: Piano Concertos Nos. 20 and 21. Cambridge: Cambridge University Press, 1998.
– Gülke, Peter: Exemplarisch gegensätzlich: ein Opus. Klavierkonzerte KV 466, 467 und 482, in: Mozart-Handbuch, Silke Leopold (Hrsg.), Kassel: Bärenreiter u. a., 2005. S.352–358
Wolfgang Amadeus Mozart
1756–1791
Konzert für Horn und Orchester
Es-Dur KV 495
[Wien 1786]
Christian Petersen, Horn
am 11. und 12. 12. 2004
im Programm
Mozart schrieb seine konzertanten Werke teils für sich selbst (so die meisten seiner Klavierkonzerte), teils für befreundete Musiker. So sind die Hornkonzerte vor allem für Joseph Leutgeb (1732–1811) entstanden, einen Hornisten, den Mozart noch aus seiner Salzburger Zeit kannte. Obwohl der Komponist in der Widmung zu seinem Hornkonzert KV 417 spottete, »Wolfgang Amadé Mozart hat sich über den Leitgeb, Esel, Ochs und Narr, erbarmt«, muss Leutgeb doch ein bedeutender Solist gewesen sein. Schon seit den 1750er-Jahren konzertierte er u. a. in Wien und Paris, wofür er auch selbst Solokonzerte komponierte; und er war offensichtlich so erfolgreich, dass er davon seinen Lebensunterhalt bestreiten konnte.
Von Mozart sind insgesamt drei vollständige Hornkonzerte überliefert, außerdem ein Allegro und Rondo – womöglich ebenfalls für ein Konzert gedacht – sowie mehrere unvollendete Einzelsätze. Nur zwei dieser Stücke sind datiert, darunter das Konzert KV 495, das Mozart unter dem Datum 26. Juni 1786 in sein eigenhändiges Werkverzeichnis eintrug. (Es ist also etwa zur selben Zeit wie »Le nozze di Figaro« entstanden.) Ob die ursprüngliche Nummerierung als Nr. 4 Bestand hat, wurde in letzter Zeit angezweifelt, so dass man heute meist auf eine Zählung verzichtet.
Auch das teilweise überlieferte Autograph hat Anlass zu Spekulationen gegeben. Mozart hat nämlich vier verschiedenfarbige Tinten zur Niederschrift verwendet (in Rot, Grün, Blau und Schwarz). Diese einmalige Farbdifferenzierung ist schwer zu deuten. Während einige meinen, dies verdanke sich einer bloßen Laune, spricht Franz Giegling, der Herausgeber des Konzerts innerhalb der neuen Mozart-Ausgabe von »einem raffiniert angelegten Farbcode«, der angeblich Unterschiede der Dynamik und der Relevanz der einzelnen Stimmen deutlich machen soll. Hörbar sind die Farben aber nicht ... dafür ein Horn, das alle Facetten seines Klanges, alle Nuancierungen und Charaktereigenschaften voll ausspielen kann.
| U. Sch.
Wolfgang Amadeus Mozart
1756–1791
Sinfonie D-Dur Nr. 31
KV 297 / 300a (»Pariser Sinfonie«)
mit dem Andante der zweiten Fassung im 6/8-Takt
17. 2. 2007 ► Konzert Nr. 11
Im März 1778 traf der zweiundzwanzigjährige Mozart mit seiner Mutter in Paris ein. Auf der Suche nach einer einträglichen Anstellung geriet er an Joseph Le Gros, der das »Concert spirituel« leitete, nicht das allerbeste Orchester im Paris der damaligen Zeit. Le Gros beauftragte ihn, eine Sinfonie zu schreiben. Nach nur einer einzigen Probe am Tag vorher, wie das im 18. Jahrhundert üblich war, wurde sie am 18. Juni vom »Concert spirituel« zum ersten Mal aufgeführt. Am 3. Juli schrieb Mozart darüber:
„Bey der Prob war es mir sehr bange, denn ich habe mein lebe-Tag nichts schlechters gehört; sie können sich nicht vorstellen, wie sie die sinfonie 2 mahl nacheinander heruntergehudeld, und herunter gekrazet haben. – mir war wahrlich ganz bang – ich hätte sie gern noch einmahl Probirt, aber weil man allzeit so viell sachen Probirt, so war keine Zeit mehr; ich muste also mit bangen herzen, und mit unzufriedenen und zornigen gemüth ins bette gehen. Den andern tage hatte ich mich entschlossen gar nicht ins Concert zu gehen; es wurde aber abends gut wetter, und ich entschlosse mich endlich mit dem vorsaz, dass wenn es so schlecht gieng, wie bey der Prob, ich gewis aufs orchestre gehen werde, und H:Lahousè Ersten violin die violin aus der hand nehmen, und selbst dirigirn werde. Ich batt gott um die gnade dass es gut gehen möchte, indemm alles zu seiner grösten Ehre und glory ist, und Ecce, die Sinfonie fieng an, Raff stunde neben meiner, und gleich mitten in Ersten Allegro war eine Passage die ich wohl wuste dass sie gefallen müste, alle zuhörer wurden davon hingerissen – und war ein grosses applaudissement – weil ich aber wuste, wie ich sie schriebe, was das für einen Effect machen würde, so brachte ich sie auf die lezt noch einmahl an – da giengs nun Da Capo. Das Andante gefiel auch, besonders aber das lezte Allegro – weil ich hörte dass hier alle lezte Allegro wie die Ersten mit allen instrumenten zugleich und meistens unisono anfangen, so fieng ich mit die 2 violin allein piano nur 8 tact an – darauf kamm gleich ein forte – mit hin machten die zuhörer, / wie ichs erwartete / beim Piano sch – dann kamm gleich das forte – sie das forte hören, und die hände zu klatschen war eins – ich gieng also gleich für freude nach der Sinfonie ins Palais Royale – nahm ein guts gefrornes – bat den Rosenkranz den ich versprochen hatte – und gieng nach haus.“
Am 9. Juli schrieb Mozart an seinen Vater:
„... die Sinfonie fand allem beyfall – und legros ist so damit zufrieden, das er sagt, das seye seine beste Sinfonie – das Andante hat aber nicht das glück gehabt, ihn zufrieden zu stellen – er sagt es seye zu viell modulation darin – und zu lang – das kamm aber daher, weil die zuhörer vergessen hatten einen so starcken und anhaltenden lärmen mit händeklatschen zu machen wie bey den Ersten und lezten stück – denn das andante hat von mir, von allen kennern und liebhabern, und meisten zuhörern, den grösten Beifall – es ist just das Contraire was le gros sagt – und es ist ganz natürlich – und kurz. – um ihn aber / und wie er behauptet mehrere / zu befriedigen, habe ich ein anders gemacht – jedes in seiner art ist recht – denn es hat jedes einen andern Caractère – das lezte gefällt mir aber noch besser ...“
Wir spielen das Andante im 6/8-Takt, das nach neueren Erkenntnissen die von Mozart bevorzugte Alternativversion zu dem ursprünglichen Andante im 3/4-Takt sein soll. | M. Z.
Wolfgang Amadeus Mozart
1756–1791
Symphonie A-Dur
für 2 Violinen, Viola, Bass, 2 Flöten, 2 Hörner
KV 134
[Salzburg 1772]
9. 6. 2002 ► »Klassik im Salon 2«
Wolfgang Amadeus Mozart
1756–1791
Symphonie A-Dur
für 2 Violinen, Viola, Bass, 2 Oboen, 2 Hörner
KV 201
[Salzburg 1773/74 (?)]
Konzert am 9. 12. 2000
in der ► Berliner AIDS-Hilfe
Wolfgang Amadeus Mozart
1756–1791
Ouvertüre zur Oper
»La clemenza di Tito«
KV 621 Nr. 1
Wir spielten die Titus-Ouvertüre
am 13. und 14. 12. 2003 im Programm
und in dem gemeinsamen Konzert
mit den ► Classical Lesbians am 22. 5. 2001
im Rahmen von »Various Voices«
»La clemenza di Tito« / »Titus« ist Mozarts vorletzte Oper, entstanden im Sommer 1791 nur wenige Monate vor der Zauberflöte. Als Auftragswerk für die Krönung Kaiser Leopold II. in Prag komponiert, verbindet das Werk und sein bereits 1734 von Metastasio geschriebenes, für Mozart dann umgearbeitetes Libretto eine Haupt- und Staatsaktion mit einem fast übermenschlichen Ethos. Schauplatz der Handlung ist das antike Rom, ihr Motor unerwiderte Liebe und das Schwanken zwischen Pflicht und Neigung, ihr Inhalt drei abgesagte Hochzeiten und ein ausgebliebener Todesfall.
Dreimal will Kaiser Tito heiraten: erst Berenice, von der er sich jedoch aus Staatsräson wieder trennt, dann Servilia, die aber einen anderen liebt, schließlich Vitellia, die zwar Titos Liebe erwidert, aber aus Eifersucht inzwischen ein Attentat organisiert hat, das glücklicherweise fehlschlägt. Als Tito von dem Urheber erfährt, lässt er zwar Milde walten – an eine Hochzeit ist freilich nicht mehr zu denken.
Gedacht ist die Figur des Tito als Sinnbild des aufgeklärten Herrschers, und Voltaire nannte das Libretto denn auch eine „ewige Lehre für alle Könige und ein Entzücken für alle Menschen“. In jüngster Zeit sind allerdings auch alternative Deutungen versucht worden: könnten da nicht auch andere Gründe für die allzu leichte Trennung von den drei Frauen im Spiel gewesen sein ...?
Mozart zeichnet schon in der Ouvertüre das Labyrintische der Oper nach: die Erhabenheit der Personen und Handlung, die Dramatik der Ereignisse und die Liebessehnsucht der Akteure sind eng miteinander verwoben. Und wie in der Oper steht auch in der Ouvertüre am Ende die staatliche Ordnung und ihr Repräsentant trotz aller Turbulenzen unerschüttert da. | U. Sch.
Wolfgang Amadeus Mozart
1756–1791
Ouvertüre zur Oper »Don Giovanni«
KV 527, 1
[1787]
Andante – Molto Allegro
05.06.2011 ► Programm Nr. 20
27.08.2011 ► 29. Lange Nacht der Museen,
Berlinische Galerie
02.09.2011 ► Lange Nacht der Chöre 2011,
Reformationskirche, Berlin-Moabit
Il dissoluto punito ossia Il Don Giovanni
Don Juan oder Der bestrafte Bösewicht
Dramma giocoso in 2 Akten
Text von Lorenzo da Ponte
Uraufführung am 29. Oktober 1787
in Prag, Gräflich Nostitzsches Nationaltheater
»Mit dem Teufel eng im Bund
Büßt er in der Hölle Grund.
Aber wir, ihr guten Leute,
Singen froh und glücklich heute
Unser schönes altes Lied.
Also stirbt, wer Böses tat!
Wie im Leben so im Tode
Erntest du nach deiner Saat.
Also stirbt, wer Böses tat!«
– 2. Aufzug, Letzter Auftritt, Schluss-Sextett.
Deutsch von Georg Schünemann und Kurt Soldan, Stuttgart 1969
– Reclams Opernführer
Ein Satyr ist in der griechischen Mythologie im Unterschied zu den älteren dickbäuchigen Silenen ein jugendlicher, manchmal sogar kindlicher Dämon im Gefolge des Dionysos. Satyrn gehören zu den Mischwesen: männlich, mit ausgeprägtem Phallus, mit Ohren, Schweif und Hufen von Pferden oder Eseln. Die Hörner und Hinterläufe des Ziegenbocks erhalten die Satyrn erst im Hellenismus und werden dann von römischen Dichtern mit den Faunen identifiziert.
In den Satyrspielen der antiken Dramen treten sie als vermenschlichte Kulturbringer auf: Satyrn als Erfinder des Weinbaus und der Musik – in bacchantischem Taumel oder auf Blasinstrumenten spielend.
Als Satyriasis, später auch Donjuanismus (nach der Figur Don Juans), wird in der Medizin und Psychologie ein krankhaft gesteigerter männlicher Geschlechtstrieb bezeichnet. Der Ausdruck gilt heute als veraltet, das Krankheitsbild ist umstritten. | M. Z.
– Satyr. Bronzestatuette, Athen, Archäologisches Museum
– Glasfigur aus Lauscha von John Zinner – www.john-zinner.de
Photo: Axel Marian von Blomberg
Wolfgang Amadeus Mozart
1756–1791
Champagner-Arie des Don Giovanni
»Fin ch’han dal vino«
aus der Oper »Don Giovanni«
KV 527 Nr. 11
Michael Leideritz, Bariton
5. 7. 2003 ► »Klassik im Salon 4«
Text von Lorenzo da Ponte
Fin ch’han dal vino calda la testa,
Una gran festa fa’ preparar.
Se trovi in piazza qualche ragazza,
Teco ancor quella cerca menar.
Senza alcun ordine la danza sia,
Chi ’l minuetto chi la follia,
Chi l’ alemanna farai ballare.
Ed io frattanto dall' altro canto
Con questa e quella vo’ amoreggiar.
Ah la mia lista doman mattina
D’ una decina devi aumentar’.
deutsch von Georg Schünemann und Kurt Soldan
Auf zu dem Feste, froh soll es werden,
Bis meine Gäste glühen vor Wein.
Siehst du ein Mädchen nahen dem Garten,
Lass sie nicht warten, führ sie herein.
Tanzen lass alle sie wild durcheinander,
Hier Menuette, da Sarabanden,
Dort Allemanden, ordne die Reihn.
Ich aber leise nach alter Weise
Führ mein Feinsliebchen ins Kämmerlein.
Fort mit den Sorgen, wahrlich schon morgen
Soll mein Register stärker noch sein!
Wolfgang Amadeus Mozart
1756–1791
Rezitativ und Arie des Figaro
»Aprite un po’ quelgl’ occhi«
aus der Oper »Le nozze di Figaro«
KV 492 Nr. 26
Text von Lorenzo da Ponte
Michael Leideritz, Bariton
5. 7. 2003 ► »Klassik im Salon 4«
In der letzten großen Arie des Figaro bringt der arme, vermeintlich getäuschte Kerl all seine Enttäuschung über seine von Herzen geliebte Susanna zum Ausdruck; war doch gerade erst Hochzeit auf allerhöchste Gnaden – man verzichtete sogar von oberster Stelle großmütig auf das Recht der ersten Nacht – und schon geht die Liebste fremd und das auch noch mit dem gefürchteten Chef und Widersacher!
Das ist zuviel: um nicht aufzufallen, kleidet sie sich auch noch in das Gewand der Chefin, damit es so aussähe, als träfen sich „die Richtigen“ zum Stelldichein im nächtlichen Park. Und das alles niederträchtig vereinbart auf der Hochzeit – hochoffiziell im Beisein des Frischangetrauten – in einem Brief, den die Schändliche dem Grafen übergibt, der liest und lacht, und Figaro lacht mit, nichtsahnend, in der allgemein fröhlichen Stimmung des Festes.
Was er nicht weiß, der Ärmste: Alles ist mit der Gräfin fein säuberlich abgesprochen, denn sie erscheint nächtens im Garten als Susanna verkleidet. So schlagen die beiden findigen Damen drei Fliegen mit einer Klappe. Erstens: Herrschaft und Dienerschaft kommen einander entgegen. Zweitens: der große Graf wird trotz gegenteiliger Beteuerung der Untreue überführt und drittens: Figaro lernt den Unterschied zwischen Eifersucht und Vertrauen, denn er erntet eine saftige Ohrfeige von seiner Süßen, da er ihr ja offensichtlich das Schlimmste zutraut. Ende gut, alles gut. | M. L.
FIGARO
Tutto è disposto, l' ora dovrebbe esser vicina!
Io sento gente.
E dessa! Non è alcun!
Buja e la notte, ed io comincio mai a fare il scimunito mestiere di marito. Ingrata, nel momento della mia ceremonia, eï godera leggendo, e nel vederlo, io ridera di me senza saperlo.
O Susanna! Quanta pena mi costi!
Con quell' ingenua faccia, con quegli occhi
innocenti, chi creduto l' avria?
Ah che il fidarsi a donna
è ognor follia!
Aria
Aprite un po' quegl' occhi,
uomini incauti e sciocchi,
guardate queste femmine,
guardate cosa son!
Queste chiamate Deë
dagl' ingannati sensi,
a cui tributa incensi
la debole ragion!
Son streghe che incantano
per farci penar,
sirene, che cantano
per farci affogar,
civette, che allettano
per trarci le piume,
comete, che brillano
per toglierci il lume;
son rose spinose,
son volpi vezzose,
son orse benigne,
colombe maligne,
maëstre d' inganni,
amiche d' affanni
che fingono, mentono
amore, non senton,
non senton pietà,
no, no, no, no!
Il resto nol dico,
già ognun lo sa!
FIGARO
Alles ist richtig, auch kann die Stunde nicht mehr fern sein!
Ich höre kommen.
Sie ist es! Nein, 's war nichts.
Die Nacht ist dunkel. Ich treibe also heute das allerliebste Handwerk eines eifersüchtigen Ehemannes. Verräterin! In der Stunde vor der Hochzeit mich zu täuschen! Als er las, schien er fröhlich, ich lachte mit ihm, wusste nicht, dass die Sache mich selbst anging.
O Susanna, mich so grausam zu täuschen!
Wer hätte auf deine Augen, auf die ehrliche Miene,
auf dein Herz nicht geschworen?
Ach, einem Mädchen glauben,
ihm trauen, alles ist Torheit!
Arie
Ach, öffnet eure Augen,
blinde betörte Männer,
und sehet, wie das Weibervolk
euch durch Bezauberung täuscht!
Sie, die ihr so vergöttert,
sie sind der reichen Opfer,
des teuren Weihrauchs
wahrhaftig gar nicht wert!
Wie Hexen berücken sie
und bringen dann Pein,
Sirenen gleich locken sie
in Fluten hinein,
wie Elfen verleiten sie
zu tötlichem Tanze,
Kometen gleich schimmern sie
mit trügerischem Glanze,
wie Rosen voll Dornen,
wie Füchse voll Arglist,
bald Tiger, bald Tauben,
bald Wölfe, bald Lämmer,
sie leben und weben
in Trug und Verstellung,
sie lügen und schmeicheln
und treiben mit uns
nur ein grausames Spiel.
Nein, nein, nein, nein!
Ja, das weitere verschweige ich,
doch weiß es die Welt!
Wolfgang Amadeus Mozart
1756–1791
Canzone des Cherubino
»Voi, che sapete«
aus der Oper »Le nozze di Figaro«
KV 492 Nr. 12
Text von Lorenzo da Ponte
Laila Salome Fischer, Soran
1. 12. 2002 ► »Klassik im Salon 3«
Voi, che sapete che cosa è amor,
Donne, vedete s’io l’ho nel cor.
Quello ch’io provo vi ridirò.
E per me nuovo, capir nol so.
Sento un affeto pien di deir,
Ch’ora è diletto, ch’ora è martir.
Gelo, e poi sento l’alma avvampar
E in un momento torno a gelar;
Ricerco un bene fuori di me,
Non so ch’il tiene, non so cos’è
Sospiro e gemo senza voler,
Palpito e tremo senza saper.
Non trovo pace notte nè dì,
Ma pur mi piace languir così.
Voi, che sapete che cosa è amor,
Donne, vedete s’io l’ho nel cor.
Quello ch’io provo vi ridirò.
E per me nuovo, capir nol so.
Sagt, holde Frauen, die ihr sie kennt,
Sagt, ist es Liebe, was hier so brennt?
Was mir geschehen, ist mir so neu,
Kann’s nicht verstehen, was es nur sei.
Sehnend Verlangen schwellt mir die Brust,
Freudiges Bangen, leidvolle Lust!
Durch alle Glieder strömt’s glühend heiß,
Ach, und dann wieder werd ich zu Eis.
In weiter Ferne winkt mir das Glück,
Doch will ich’s fassen, weicht es zurück.
Ich seufz und stöhne als wie im Traum.
Es quillt die Träne, ich weiß es kaum.
Bei Tag und Nacht durchwühlt mich der Schmerz,
Und doch wie gerne trägt ihn mein Herz!
Sagt nun, ihr Frauen, die ihr sie kennt,
Sagt, ist es Liebe, was hier so brennt?
Was mir geschehen, ist mir so neu,
Kann’s nicht verstehen, was es nur sei.
— Deutsch von Hermann Levi