Bohuslav Martinů
* 8. Dezember 1890 in Polička, Ostböhmen, Österreich-Ungarn
† 28. August 1959 in Liestal, Schweiz
Bohuslav Martinů
1890–1959
Konzert für Oboe und kleines Orchester
H 353 [1955]
1. Moderato
2. Poco andante
3. Poco allegro
Das Oboenkonzert von Martinů
hat Takahiro Watanabe
in unserem
am 23. 6. 2013 gespielt
Martinů, der Sohn eines tschechischen Schuhmachers und Türmers, erhielt seinen ersten Violinunterricht beim Schneider seines Heimatortes. Aufgrund seiner bemerkenswerten Fortschritte finanzierten ihm die Bewohner seines Dorfes ein Studium am Prager Konservatorium, wo er ab 1906 Violine bei Josef Suk und ab 1909 zusätzlich Orgel und Komposition studierte. 1910 jedoch wurde er vom Unterricht ausgeschlossen, denn er war vor allem durch Nachlässigkeit und mangelndes Interesse aufgefallen. Trotzdem gelang es ihm zwei Jahre später, das Diplom als Violinlehrer zu erlangen. 1913 und 1914 war er Aushilfsgeiger in der Tschechischen Philharmonie in Prag. Während des Ersten Weltkriegs arbeitete Martinů, der als wehrdienstuntauglich eingestuft worden war, als Musiklehrer in seiner Heimatstadt. Von 1918 bis 1923 war er wiederum Geiger in der Tschechischen Philharmonie. In den Jahren 1922 und 1923 nahm er wiederholt Kompositionsunterricht bei Josef Suk, bevor er 1923 nach Paris zog, um dort bis zum folgenden Jahr seine Kompositionsstudien bei Albert Roussel zu vollenden. Bis 1940 lebte er in Paris, doch als sich der Einmarsch der deutschen Truppen abzeichnete, floh er und kam nach einer neunmonatigen Reise in den USA an. Dort wirkte Martinů als Kompositionsprofessor in Massachusetts (1942–1945), an der Princeton University (1948) und an der Mannes School of Music in New York (1948–1953). 1952 erhielt er die amerikanische Staatsbürgerschaft, kehrte aber 1953 nach Europa zurück, wo er bis 1955 in Nizza und kurzzeitig in Rom lebte. Danach unterrichtete er ein Jahr lang am Curtis Institut in Philadelphia. Seine letzten Lebensjahre verbrachte Martinů in der Schweiz.
| nach Wikipedia
Der tschechische Oboist Jiri Tancibudek bat 1950 Martinů, ein Konzert für ihn zu schreiben. Er berichtet:
»Er [Martinů] schrieb mir dann … auch, daß er gehört habe, daß 1956 in Melbourne die Olympischen Spiele stattfänden und er es schön fände, wenn das Oboenkonzert im olympischen Jahr uraufgeführt würde. So schrieb er mir etwa im Sommer 1955:
Ich bin dabei, das Oboenkonzert zu schreiben und hoffe, in zehn oder elf Tagen fertig zu sein. Ich schicke Ihnen dann die Partitur. … Schicken Sie mir bitte ein Notenblatt, auf dem Sie einige virtuose Passagen aufschreiben, die Sie beim Einspielen verwenden, damit ich eine genaue Vorstellung davon habe, wie ich ,Ihr‘ Oboenkonzert schreiben soll. Es soll Ihnen ,in die Hand‘ geschrieben sein und es soll Ihnen gefallen.
Ich schrieb also eine ganze Seite mit verschiedenen Passagen auf, aber er bekam den Brief nie … Offenbar war der Brief verloren gegangen, denn er beklagte sich einige Zeit später:
Ich habe Ihren Brief nie bekommen! Ich mache jetzt also voran und schreibe die Passagen selbst, aber wenn Sie hie und da ein oder zwei Töne finden, die Ihnen oder Ihrer Oboe nicht passen – zögern Sie nicht, cis in c oder h in b oder Kleinigkeiten hier und dort zu verändern.
Also, wie auch immer, er schickte mir das Konzert 1955, ich schrieb mir meine Stimme aus der Partitur heraus, und es wurden im August 1956 in der Sydney Town Hall fünf Aufführungen mit dem Sydney Symphony Orchestra organisiert. Dafür machten wir sechs oder sieben Proben. Dirigent war Hans Schmidt-Isserstedt … Zwei Jahre danach bekam ich von Martinů die exklusiven Aufführungsrechte für drei Jahre, so daß außer mir niemand das Konzert spielen durfte. Das war natürlich sehr nett von ihm, er wollte mir helfen, in der Welt mit dem Konzert herumzukommen, und das tat ich auch.«
| zitiert nach Christian Schneider, Zur Entstehung des Oboenkonzertes von Bohuslav Martinů, in: tibia, Magazin für Holzbläser, Heft 4/1997, S. 576