Wassili Sergejewitsch Kalinnikow
Василий Сергеевич Калинников
wiss. Transliteration Vasilij Sergeevič Kalinnikov
* 1. (jul.) / 13. (greg.) Januar 1866 in Woiny, Gouvernment Orjol
† 29. Dezember 1900 (jul.) / 11. Januar 1901 (greg.) in Jalta, Krim
Wassili S. Kalinnikow
1866–1901
Symphonie Nr. 1
g-Moll [1895]
1 Allegro moderato
2 Andante commodamente
3 Scherzo
Allegro non troppo – Moderato assai – Allegro non troppo
4 Finale
Allegro moderato –
Allegro risoluto –
Allegro con brio – Maestoso
16. Juni 2017
17. Juni 2017
Wassili Sergejewitsch Kalinnikow, Sohn eines Polizeibeamten und älterer Bruder des Komponisten Viktor Kalinnikow, kam aus ärmlichen Verhältnissen. Ab 1879 besuchte er ein theologisches Seminar in Orjol (rund 350 km südwestlich von Moskau), wo er schon bald einen Chor leiten durfte. 1884 begann er ein Musikstudium am Moskauer Konservatorium, das er jedoch aus finanziellen Gründen abbrechen musste. Ein Stipendium ermöglichte ihm ab 1885 ein Studium der Fächer Komposition und Fagott an der Schule der Moskauer Philharmonischen Gesellschaft, das er 1892 beendete. Nebenbei betätigte er sich als Notenkopist und Aushilfsmusiker in Theaterorchestern. Im selben Jahr 1892 vermittelte ihm Tschaikowsky den Dirigentenposten am Kleinen Theater in Moskau, 1893 wechselte er als Dirigierassistent ans Italienische Theater. Unter von großer Armut geprägten Lebensumständen erkrankte er bald darauf an Tuberkulose. Seine finanzielle Not wurde gegen Ende seines Lebens etwas abgemildert, weil sich Sergei Rachmaninow für ihn einsetzte und einen Verleger für seine Werke fand. Seine letzten Lebensjahre (oder nur
-monate?) verbrachte er auf der Krim, wo er aufgrund der klimatischen Bedingungen auf Linderung seiner Krankheit hoffte. Er lebte von einer kleinen Rente der Moskauer Philharmonischen Gesellschaft. Kalinnikow starb zwei Tage vor seinem 35. Geburtstag in Jalta, an der Südspitze der Krim.
Kalinnikows Musik besitzt, obwohl sich als Vorbilder Pjotr Tschaikowsky und Alexander Borodin erkennen lassen, mit ihrer einfallsreichen und eingängigen Melodik und der farbig und voll klingenden Orchestrationen einen durchaus eigenständigen Charakter. Seine größer angelegten Werke zeigen zyklische Verknüpfungen der einzelnen Sätze; der vierte Satz seiner heute erklingenden 1. Sinfonie beginnt beispielsweise mit dem Kopfthema des ersten Satzes. Beeindruckend ist die – trotz seiner unheilbaren Krankheit – ungemein positive, geradezu optimistisch wirkende Grundstimmung seiner Musik.
Zu Lebzeiten fand Kalinnikow einige Beachtung und wurde von bedeutenden Musikern wie Sergei Rachmaninow und Fjodor Schaljapin geschätzt. Nach seinem Tod wurde er bald vergessen. Immerhin erwähnt Hugo Riemanns Musik-Lexikon von 1922 Kalinnikow noch und nennt ihn einen »talentvollen, allzu früh verstorbenen Komponisten«. Aus gegenwärtigen Ausgaben ist der Eintrag gestrichen.
Anfang der 1950er-Jahre erlebte Kalinnikows Musik eine Renaissance, da sie in vielerlei Hinsicht mit der staatlich geforderten Ästhetik des Sozialistischen Realismus übereinstimmte. Der amerikanische Komponist und Musikhistoriker Nicolas Slonimsky gab ihm die Ehrenbezeichnung »Kleiner Gott der russischen Musik«. (Schmitz & Ure, Tasten, Töne und Tumulte, S. 107)
In Kalinnikows Werk »Bylina« (Märchen) findet sich ein Motiv, das dem der sowjetischen Hymne äußerst ähnlich ist. Alexander Wassiljewitsch Alexandrow, der Komponist der Hymne, wurde deshalb des Plagiates an Kalinnikows Orchesterwerk bezichtigt. | M. KNOCH nach Wikipedia
Werke für Orchester
1889 »Nimfy«
(Die Nymphen, sinfonische Dichtung nach Turgenjew)
1891 Serenade g-Moll für Streichorchester
1892 Orchester-Suite D-Dur (h-Moll)
1892 (?) »Bylina«, Episches Poem, Ouvertüre
1895 Sinfonie Nr. 1 g-Moll
(UA 1897 Kiew, dann Wien, Berlin, Paris, London)
1896 Intermezzo Nr. 1 fis-Moll
1897 Sinfonie Nr. 2 A-Dur
1897 Intermezzo Nr. 2 G-Dur
1898 »Kedr i Palmja«
(Zeder und Palme, sinfonische Dichtung nach H. Heine)
1898 Musik zum Schauspiel »Zar Boris« von Alexei K. Tolstoi
(Ouvertüre und vier Zwischenspiele)
Vokalwerke
1892 »Joann Damaskin« (Johannes Damascenus),
Kantate, verloren bis auf den Klavierauszug
1899 »1812 god« (Im Jahre 1812), unvollendete Oper
1901 »Russalka« (Die Nixe nach Lermontov),
Ballade für Solo, Chor und Orchester
Neun Lieder
Klavier- und Kammermusik
Sechs kleinere Stücke für Klavier
Stücke für Streichquartett (verloren)
und diverse andere Fragmente ...
– Werkliste zusammengestellt aus: Guido Waldmann in Die Musik in Geschichte und Gegenwart (MGG 1949–1986, Bd. 7, S. 422); www.russisches-musikarchiv.de; und Angaben aus Wikipedia mit divergierenden Tonartbezeichnungen.